Die Frage nach dem Sinn
kommt nicht zur Ruh.
Wohl weiß ich, dass ich bin,
doch nicht wozu.
(Peter Rühmkorf)
Der Religionsunterricht sieht sich heutzutage vielfältigen kritischen Anfragen ausgesetzt. Warum sollte es überhaupt noch von Bedeutung sein, sich in einer immer mehr säkularisierten Welt mit Religion, insbesondere der christlichen, auseinanderzusetzen? Darauf darf wohl geantwortet werden, dass gerade der Religionsunterricht die uralten Menschheitsfragen Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir? (Paul Gaugin) im schulischen Umfeld angemessen zur Sprache bringen kann.
In etwas vereinfachter Form bringt dies der Erlass zum Religionsunterricht in Hessen zum Ausdruck, in dem es heißt: „Schülerinnen und Schüler brauchen in einer immer komplizierteren Welt Hilfen zur Orientierung in ethischen, moralischen und religiösen Fragen. Solche Hilfen zu geben, ist Aufgabe des Unterrichts […] Einen besonderen Beitrag leistet dabei der Religionsunterricht. In ihm werden die angesprochenen Fragen ausdrücklich gestellt […]“ (RUErl,HE)
Verankerung in der Verfassung
Der Religionsunterricht ist in Hessen ein ordentliches Lehrfach, das im § 8 des Hessischen Schulgesetzes verankert ist. Die dort genannten Regelungen gründen auf Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes sowie Artikel 57 Abs. 1 der Verfassung des Landes Hessen. „Er wird als bekenntnisorientierter Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der jeweiligen Kirche oder Religionsgemeinschaft erteilt.“ (RUErl,HE)
Beiträge des Faches zur Bildung
Es ist „die Aufgabe des katholischen Religionsunterrichts, Schülerinnen und Schüler zu einem selbstständigen und vor der Vernunft verantwortbaren Urteil in Fragen der Religion und des christlichen Glaubens zu befähigen. Sie sollen Religion als einen zentralen Bereich menschlicher Wirklichkeit und menschlicher Lebensvollzüge wahrnehmen und verstehen lernen und wesentliche Inhalte des christlichen Glaubens sowie die Orientierungsleistung der christlichen Religion für die menschliche Lebensgestaltung kennen lernen. Dabei geht es im Religionsunterricht ›nicht nur um ein Bescheid wissen über Religion und Glaube, sondern immer auch um die Ermöglichung von Religion und Glaube selbst‹.“ (DBB 78)
Katholischer Religionsunterricht an der St.-Lioba-Schule
Eine Besonderheit des katholischen Religionsunterrichts an der St.-Lioba-Schule als Schule in kirchlicher Trägerschaft liegt darin, dass Religion als Pflichtfach durchgängig bis zum Abitur belegt werden muss und nicht abgewählt werden kann (z. B. durch Ethik als ordentliches Ersatzfach), da die Entscheidung für eine katholische Schule dies quasi impliziert. Der Unterricht findet in der Qualifikationsphase grundsätzlich in dreistündigen Grundkursen statt; gelegentlich werden auch Leistungskurse angeboten. In der Unter- und Mittelstufe wird auf kleine Gruppengrößen Wert gelegt. Fester Bestandteil des Schultages ist das Morgengebet bzw. die Morgenandacht zu Beginn der 1. Stunde, die von den jeweiligen Fachlehrern, also nicht nur den Religionslehrern, gehalten wird. Verbindlich ist auch die Anschaffung von Bibeln der jeweils aktuellen Ausgabe bzw. Übersetzung in der 5. Klasse. Wesentlich für den Religionsunterricht ist, in der Bibel nicht allein zu lesen, sondern sie auch verstehen zu lernen, damit sie ein Begleiter durch die Schulzeit werden und Orientierung im Leben geben kann.
Der Religionsunterricht an der St.-Lioba-Schule versteht sich als konfessionell, ohne dabei den interreligiösen Bezug (trialogisch) aufzugeben; curricular verankert sind z. B. der Besuch einer Synagoge sowie einer Moschee. Das Thema „Gelebter Glaube vor Ort“ sieht in der Oberstufe die Beschäftigung mit religiösen Einrichtungen in Bad Nauheim sowie kultischen bzw. heiligen Orten (jüdischer Friedhof) vor; das Entdecken religiöser Symbole im eigenen Umfeld wird schon in Unter- und Mittelstufe zu einem wesentlichen Bestandteil religiösen und interreligiösen Lernens. Zu den Aufgaben des Religionsunterrichts gehört weiterhin die Organisation von Gottesdiensten in Zusammenarbeit mit der Schulseelsorge. Auch werden meditative und gottesdienstliche Elemente in den Unterricht einbezogen (Spiritualität). Hierzu gehört auch die Nutzung der hauseigenen Kapelle. Das Fach ist vielfach eng verflochten mit Aspekten anderer Fächer, z. B. Philosophie, Kunst, Musik, Biologie (Fragen der Bioethik), Deutsch (Literatur). Ziel ist es, eine ganzheitliche Perspektive einzunehmen bzw. eine ganzheitliche Weltsicht zu ermöglichen (z. B. Technik – Bewahrung der Schöpfung).